Malícia in der Capoeira zeigt sich z.B.
wenn du in der roda spielst und deinem Gegner mit dem Zeigefinger darauf hinweist, dass sein Schnürsenkel offen ist...er guckt ...und während er feststellt, dass er barfuß spielt...du ihm eine Ohrfeige antäuscht ;).
Malìcia wird ganz deutlich während der Chamada wenn "der Herr den Sklaven" ruft. Der Herr hat jegliche Freiheit und löst die Chamada wieder zum Zeitpunkt seiner Wahl auf...dazwischen hat er den Raum seinen Gegner/Partner "zu- ich nenne es mal -"natzen". Der Gegner ist auf der Hut und mit 100%iger Aufmerksamkeit bei seinem Gegenüber. Das schult die Konzentration und auch Reaktionsfähigkeit.
Malícia ist ein ganz großer Bestandteil der Capoeira Angola. Hier geben die Spieler auch schon mal vor betrunken oder verletzt zu sein...es gibt Spieler, die gehen mit Stock oder Krücke in die Roda, um dann nach einer Zeit blitzschnell hervorzuschießen---die Krücke wird dann auch schon mal für akrobatische Zwecke genutzt.
Nach der Einlage geht es dann oft wieder zurück in des vorherige Spiel mit dem Ausdruck des eingeschränkten Daseins.
Malícia wird oft auch als Philosophie der Capoeira beschrieben. So soll der Capoeirist sein Können niemals außerhalb der roda zeigen. Er soll sich eher nicht wissend, nichts ahnend bewegen- um dann im richtigen Augenblick auf sein unerwartetes Potential zurückgreifen zu können.
Leider kommt die Malícia in unseren Trainings und Rodas oft zu kurz, denn ein Training muss alleine schon zeitlich sehr tief greifen können- Malícia kann nur entstehen wenn man sich voll und ganz ins Spiel hineingibt und versucht sein Gegenüber zu verstehen, zu erforschen. So braucht es auch sehr viele Jahre bis ein Capoeirist diese Malícia verstehen und im besten Fall entwickeln und auch auf sein Leben übertragen kann.
Es bietet ihm so z.B. die Unterscheidung zwischen Malícia - die humorvolle, schlaue List oder die Verschlagenheit- dann wäre es eher malandragem (von malandro-dem Gauner). Hat er Malícia entwickelt so kann er sie positiv oder negativ einsetzen.
Für Westler ist diese Malícia oft sehr schwer zu verstehen, denn sie entspringt auch dem Kampf des Überlebens des Selbstwertgefühls. Und dann auch noch diese humorvolle Malícia ;)
So werden Schüler von Brasilianern auch schon mal Frankenstein oder Kahlkopf genannt, weil der Körper halt evtl. ebensolche nahstehende Aspekte mit sich bringt. Ein Lied handelt z.B. vom deutschen Kanarienvogel-das singen die Brasilianer gerne wenn ein sehr hellhäutiger "Deutschländer" in der Roda spielt.
Und- es ist in den meisten Fällen lustig gemeint- überhaupt nicht beleidigend wie man es verstehen könnte- in Erwartung, dass alle dann drüber kichern :).
In unserer Gruppe haben wir Namen, die die positiven Eigenschaften oder auch liebenswerte Merkmale des Capoeirist unterstreichen.
Gerade Kinder bekommen Namen, die positiv besetzt sind. Denn Namen zeichnen einen Menschen ja auch aus und in manchen Fällen formen sie ihn auch. Das ist ein wunderschönes Geschehen, drum komme ich gerade jetzt in dieser Zeit auf den Gedanken, dass wir so schnell wie möglich mal wieder eine Roda mit Patenwahl und Namensvergebung gestalten sollten.
Wichtig aber hier zu dem Thema "Malícia" finde ich aber noch die Frage; Warum tun wir "Westler" uns so schwer mit dieser Malícia? Wo sie uns doch auch sehr darin schulen kann, die Natur des anderen besonders wahrzunehmen und vieles mit Kalkül und Humor zu erleben. Ich finde das ist ein sehr spannendes Thema. Capoeira ist ein solch breites Feld - es gibt so viel zu erfahren und zu lernen- neben dem Kampf, dem Tanz, der Musik, dem Spiel und, und, und...und, etc..
Heute habe ich in der maskulinen Form der Einfachheit halber geschrieben... nicht wundern... -
servüs - Axé Malícia und die Fähigkeit der Entscheidung sie so oder so einzusetzen :)